Carlos Mäder als Fahnenträger für sein Geburtsland Ghana in Beijing 2022
Olympische Winterspiele
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Carlos Mäder unterstützt DAS GRÜNE TRIKOT

Ein Skirennfahrer aus Ghana lebt seinen Traum

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Carlos Mäder wird in Ghana geboren und wächst in der Schweiz auf - mit dem Wunsch Fußballprofi zu werden. Doch der Plan ändert sich: Bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking vertrat er sein Heimatland im Riesenslalom.

Sie sind nun 44 Jahre alt und fahren immer noch im Rennanzug die steilen Pisten herunter. Was ist Ihre Motivation?

Grundsätzlich vergesse ich immer wieder, wie alt ich bin. Es wird mir nur wieder bewusst, wenn ich von Journalisten darauf angesprochen werde.
Das heisst, wenn ich eben diesen Rennanzug anziehe und das Weiss der Piste glitzern sehe, fühle ich mich wieder wie der 12-jährige Junge, der an den Ovo Grand Prix gefahren ist. Ich muss mir also meine Motivation gar nicht holen – die aktiviert sich automatisch. Des Weiteren verfolge ich ja auch den Zweck, für Junge ein Vorbild zu sein – dies ist ebenfalls Motivation genug!

 

Sie waren Fahnenträger für Ihr Geburtsland Ghana an den olympischen Winterspielen 2022. Wie fühlten Sie sich beim Einmarsch vor Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt?

Ganz ehrlich: Meine grösste Konzentration war, diese Fahne nicht fallen zu lassen...
Spass beiseite: Es war gigantisch! Das Ende einer aufregenden, fast 5-jährigen Reise. Ich verspürte einfach nur Genugtuung und Stolz! Für mein Geburtsland die Fahne an Olympischen Winterspielen zu tragen – das war einfach eine riesige Ehre. Ich habe mich auch für alle meine Freunde und meine Familie gefreut, die mich während dieser Zeit begleitet und extrem unterstützt haben.

 

Was hat Sie am meisten beeindruckt an den olympischen Spielen?

Der Austausch und das Zusammenleben mit den Athleten im Olympischen Dorf. Es gab da überhaupt keine Starallüren oder Berührungsängste – auch die grössten Stars haben neben den Amateuren gegessen und sind mit ihnen ins Gespräch gekommen. Das war einfach fantastisch, alle waren irgendwie gleich. Definitiv das tollste Feeling, das ich mit nach Hause genommen habe.

 

Der Sinn und die Nachhaltigkeit von grossen Sportanlässen werden immer wieder diskutiert. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Es ist eine ganz wichtige und auch dringliche Diskussion. Es muss redimensioniert werden und gerade Winterspiele sollten an Orten veranstaltet werden, die auch für Wintersport stehen. Ich kann nachvollziehen, dass man auch neue Märkte erschliessen will und bin der erste, der es unterstützt, den Wintersport weiterzuentwickeln. Aber dass man Olympische Winterspiele an einen Ort gibt, bei dem es einmal in zehn Jahren schneit und man einen ganzen Berg mit Kunstschnee überziehen muss – für das gibt es einfach keine sinnvolle und nachhaltige Erklärung.

Hinzu kommt noch die politische Dimension. Wenn man sich die letzten Grossanlässe – und auch kommende wie z.B. die Fussball WM in Katar – anschaut, fällt auf, dass sich die Grossanlässe in Länder mit autoritären Regimen verschoben haben. Diese Entwicklung muss dringend durchbrochen werden! Es darf nicht sein, dass der Sport für politische Ziele ausgenutzt wird! Es ist dringend nötig, wieder mehr Idealismus und Rückbesinnung auf ursprüngliche Werte walten zu lassen.

 

Sie sind eines der Testimonials für die Aktion DAS GRÜNE TRIKOT.
Wie wichtig ist Ihnen die Natur?

Extrem wichtig! Wir sind nur Gast auf diesem Planeten – dies sollten wir uns wieder mehr bewusst werden, damit wir uns nicht weiter wie ein Virus verhalten. Gerade der Wintersport wird durch die Klimaerwärmung sehr beeinträchtigt und gerade ein Ski-Land wie die Schweiz wird in Zukunft vor grossen Herausforderungen stehen, wenn Skigebiete unter einer gewissen Grenze gar kein Schnee mehr haben werden. Es ist also höchste Zeit, sich der Natur gegenüber wieder als Partner und nicht als Ausbeuter zu zeigen!

 

Wie stark beschäftigt Sie der Klimaschutz für Ihre eigene Zukunft?

Einerseits sehr als Wintersportler. Wir werden mit grossen Herausforderungen zu kämpfen haben. Andererseits aber auch als werdender Vater. Ich möchte natürlich, dass mein Nachwuchs eine Natur vorfindet, die noch intakt ist – oder im besten Falle sich sogar erholt.

 

Haben Sie in Ihrem Verhalten schon Dinge geändert um nachhaltiger zu leben und Ressourcen zu sparen?

Ja, das tun wir! Das kann auf jeden Fall jeder Einzelne sehr leicht tun: Strom sparen, Wassersparen, Müll trennen, das Auto nur für grössere Strecken brauchen, viel zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sein – die Liste könnte ich noch weiterführen. Es ist also nicht kompliziert, nachhaltiger zu leben und Ressourcen zu sparen!

 

Sollten sich Sportler:innen überhaupt zu Politik und gesellschaftlichen Dingen äussern?

Man hört ja immer wieder, dass Sport und Politik getrennt werden muss. Ich finde, das ist Bullshit! Sport war schon immer hoch-politisch und wird es auch immer sein! Dies ist einfach nicht zu trennen.

Daher würde ich es mir sogar sehr wünschen, wenn mehr Sportler Stellung beziehen würden zu Politik und vor allem zu gesellschaftlichen Themen. Dies natürlich in einem positiven Sinne.

 

Wie geht es weiter mit Ihren sportlichen Zielen?

Die Olympischen Spiele 2026 sind doch noch etwas weit weg. Aber sicher irgendwo im Hinterkopf.

Diese Saison habe ich aber sicher zwei Highlights: Im Januar finden die 1. African Winter Championships in Pyeongchang (Südkorea) statt und im Februar dann die Weltmeisterschaften 2023 in Courchevel/Méribel. Dies sind die zwei Highlights des Winters, auf die ich hinarbeite.


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Erste Veröffentlichung:
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Letztes Update: 
20.9.2022

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